Soziale Identität und soziale Distanzen

Sprachgebrauch, soziale Identität und soziale Distanzen

Beschreibung

Soziale Faktoren wie Alter, Bildungsniveau und sozialer Status haben einen Einfluss auf die sprachliche Kommunikation sowohl bei Ingroup- als auch bei Outgroup-Interaktionen. Sprachvariation ist von sozialen Umständen wie „wer spricht welche Sprache zu wem und wann“ abhängig. Diese Fragen können in Migrationskontexten untersucht werden. Deutschland – ein Land mit einer hohen Anzahl von Zuwanderern mit unterschiedlichen Hintergründen – kann ein sehr reichhaltiges Material bieten, um Sprache, Sprachverhalten und soziale Identität zu forschen.

In dieser Studie soll am Fallbeispiel von in Deutschland lebenden Zuwanderern folgende für Intergruppenbeziehungen fundamentale Frage empirisch untersucht werden: Auf welche Weise trägt der Sprachgebrauch zur Identifikation mit und zur Abgrenzung von verschiedenen Gruppen bei? Dieses Vorhaben orientiert sich an theoretischen Annahmen aus dem Bereich der Communication Accommodation Theory (CAT), die auf Basis allgemeiner sozialpsychologischer Konzepte ein umfassendes Verständnis des Stellenwertes sprachlichen Handelns für Intergruppenwahrnehmungen ermöglicht und zur Erklärung divergierender Motivationen zur Kommunikation in Intergruppensituationen beiträgt. Dabei unterscheidet CAT drei grundlegende Handlungsstrategien: Convergence, bei der Gruppenmitglieder ihre kommunikativen Verhaltensweisen in Form zunehmender sprachlicher und/oder thematischer Ähnlichkeit aneinander anpassen; Divergence, bei der Gruppenmitglieder die prototypischen kommunikativen Praktiken ihrer Ingroup verstärken, um sich gegenüber der Outgroup deutlicher abzugrenzen; Maintenance, bei der die jeweiligen kommunikativen Ausgangspositionen beibehalten werden.

Im Rahmen dieses Teilprojekts wird sich herausstellen ob und in welchem Ausmaß die Annahmen der CAT auf die Konstellation von in Deutschland lebenden Zuwanderern und der autochthonen Bevölkerung übertragbar sind. Ob die Intergruppenkommunikation Zustimmung, Missbilligung oder Neutralität aufweist, welche Handlungsstrategie jeweils vorliegt und ob diese vom „Anderen“ als solche wahrgenommen wird und welche die Konsequenzen – vor allem bei der Integrationsprozess – sind, soll anhand der Sprachhandlungen beider Gruppen untersucht werden. Ein solches Mehrgruppendesign lässt aufschlussreiche Rekonstruktionen der wechselseitigen Wahrnehmungen der Mitglieder unterschiedlicher Gruppen erwarten. Die Auswertung der durch die empirische Forschung gewonnenen Daten soll in Form einer qualitativ orientierten Analyse umgesetzt werden.

Neues Buch von Maria Petrou

Der türkische Dialekt von Westthrakien

Das in Nordostgriechenland gesprochene Westthrakisch-Türkische gehört zur balkantürkischen Dialektgruppe. Auf der Basis von Sprachmaterial, das die Autorin in eigener Feldforschung erhoben hat, befasst sich Maria Petrou mit den verschiedenen Varietäten dieses Dialekts. Mit einem Schwerpunkt auf der Phonetik zeigt sie die Abweichungen vom Standardtürkischen auf und arbeitet die Besonderheiten des Dialektes heraus. Dabei vergleicht und diskutiert sie die selbst gewonnenen Daten mit bereits veröffentlichtem Material aus anderen balkantürkischen und zuweilen anatolischen Varietäten sowie aus früheren Sprachstufen des (Osmanisch)-Türkischen. Der Aspekt des Sprachkontakts mit dem Griechischen als charakteristischer Bestandteil des beschriebenen Dialekts zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit und legt wertvolle Erkenntnisse über die untersuchten Varietäten frei.
Nach einer historischen, geographischen und demographischen Einführung werden phonetische, phonologische, mor­pho(phono)logische und syntaktische Erscheinungen so­wohl deskriptiv als auch kontrastiv untersucht. Betrachtungen zur Lexik, Semantik und Pragmatik schließen die Untersuchung ab. Appendices mit einem Teil des untersuchten Textmaterials vervollständigen die Arbeit. Die Studie leistet insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der türkischen Dialekte.

Poster_Petrou_Inauguration-phd-dsaam-11.10.2022-2

Publikationen

Petrou, Maria. (2023). “Because I am a Foreigner”: Nonaccommodative Adjustments of German Speaking Host Community Members through the Eyes of Non-Native Speakers – With a Focus on First Language Turkish Speakers. Mediterranean Language Review, 30, 121–154.
http://mlr.harrassowitz-library.com/article/MLR/2023/1/12

Petrou, Maria, & Dragojevic, Marko. (2023). “Where Are You From?” Language Attitudes and (Non)Accommodation During Native–Nonnative Speaker Interactions in Germany. Journal of Language and Social Psychology, 0(0), 1–23. https://doi.org/10.1177/0261927X231222447



Cookie Consent mit Real Cookie Banner